Matthias Schwarz ist in Biedenkopf-Breidenstein aufgewachsen. Ab dem Alter von 13 Jahren wurde er von seinem Gemeindepfarrer sexuell missbraucht. Der Pfarrer eigentlich jemand, zu dem er aufgeschaut habe.
Während seiner Konfizeit von 1973 bis 1974 kam es immer wieder zu Übergriffen. Auch heute kann der 63-Jährige nicht alles beim Namen nennen. „Ich fühlte mich total ausgeliefert.“ Damals darüber sprechen? Undenkbar, wer würde ihm glauben… Den Missbrauch hat er schließlich „in einer Kammer meines Herzens eingeschlossen“. Dem Pfarrer ging er aus dem Weg.
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Sein zweiter Anlauf im Jahr 2014 sah da schon anders aus: „Die Ansprechperson hat zugehört und hat mich in unserem Telefongespräch eingeladen, dass wir uns persönlich treffen.“
Er betont: „Ich hatte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass sie das anzweifelt, was ich sage.“ Besonders wichtig sei auch, dass sie ihm zugehört habe. Zusammen haben sie besprochen, „wie es in meinem Fall weitergehen kann, ob es Disziplinarverfahren gibt oder wie wir mit dem Täter umgehen können“.
Dabei müsse die Kirche auch neue Strukturen aufbauen, wie sie mit den Meldungen umgehe. Er beschreibt folgendes Beispiel: Täter war in Gemeinde #1. Da ist ein Fall gemeldet worden. Dann war er in Gemeinde #2. Da ist auch ein Fall gemeldet worden.
Das muss man dann auch mal zusammenbringen.
So kritisiert Matthias Schwarz. Er formuliert den Auftrag, auch selbst zu ermitteln.
Niemand wolle einer Gemeinde ihre Leute wegnehmen, aber es müsse einheitliche Verfahren geben, wie in solchen Fällen vorzugehen sei. Dazu trägen beispielsweise eigene Präventions- und Schutzkonzepte innerhalb von Einrichtungen und Kirchengemeinden bei.
Außerdem überlege das Team der Fachstelle aktuell, wie es Betroffenen einfacher ermöglicht werden könne, Übergriffe zu melden und sich behutsam zu äußern. Schließlich sei der Vorwurf, dass innerhalb der evangelischen Kirche die Täter:innen geschützt würden, „zumindest in weiten Teilen noch aktuell“.
Matthias Schwarz betont, wie schwer es ist, „aus der Deckung raus zu kommen“. Er vertrete gerade eine Person, die aufgrund psychischer Leiden das Haus nicht mehr verlassen könne. Als Vertrauter übernimmt er nun die Gespräche mit der Anerkennungskommission der EKHN.
Deswegen rät Matthias Schwarz Menschen, die sich wegen sexualisierter Gewalt melden wollen, sich erst einmal anonym bei der Fachstelle sexualisierte Gewalt über das Online-Portal zu melden. So müsse niemand mehr Informationen Preis geben, als man wolle, bekomme aber Informationen und Hilfe angeboten.
Und wer sich nicht traut, sich direkt in der Fachstelle zu melden, meldet sich bei mir“, fügt er hinzu.
Matthias.Schwarz(at)befo.ekd.de
Im Frühjahr soll es noch weiteren Support geben. Mitglieder der Betroffenenvertretung der EKD planen eine Online-Plattform für Betroffene sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie, kurz BeNe, zu starten. Quasi ein zentrales Forum für Betroffene mit drei Schwerpunkten:
Obwohl die EKD die Mittel dafür stellt, „arbeiten da keine Beauftragten mit“, betont Matthias Schwarz. „Das ist eine Gruppe, die nur aus Betroffenen und ein paar Fachpersonen besteht“.
BeNe soll „ermöglichen, dass Betroffene miteinander in Kontakt kommen können“. Das sei ganz wichtig, erklärt Matthias Schwarz. „Es ist hilfreich, wenn man merkt, man ist nicht alleine.“ Hinzu komme noch ein wesentlicher Faktor. Mit „Menschen reden, denen man nicht alles erklären muss, sondern die einfach wissen, wovon man redet“.
Diese Hoffnung setzt er in das Online-Netzwerk, denn es soll auch ein Forum und private Chaträume beinhalten. Außerdem soll BeNe praktische Informationen rund ums Thema liefern. Beispielsweise welche Melde-Strukturen es gibt oder auch welche Therapeut:innen gut geeignet sind.
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